Vor 150 Jahren - Eine Gründung mit Folgen: Die BASF in Ludwigshafen

Vor 150 Jahren: Die Geburtsstunde der BASF

Veröffentlicht am 10. Januar 2015
Ölgemälde mit Panorama Perspektive auf das BASF Werk aus dem Jahr 1881
Das BASF-Werk 1881 (Quelle: https://www.basf.com)

Am 6. April 1865 wurde in Mannheim ein Vertrag unterzeichnet, durch welchen sich die Gründung der Aktiengesellschaft  „Badische Anilin- und Soda Fabrik“ vollzog. Die treibende Kraft der Gründung war Friedrich Engelhorn (1821-1902), der die anderen Vertragsunterzeichner – mit mehr oder weniger Nachdruck – von seinem Vorhaben überzeugte. Engelhorn war eigentlich Goldschmied von Beruf, allerdings seit 1848 in Mannheim als Unternehmer bekannt und Besitzer einer Leuchtgasfabrik. Er erkannte wohl die Zeichen der Zeit und wollte mit der Realisierung seiner Ideen schnell sein: Ab März 1865 sind ernsthafte Verhandlungen im Haus von seinem Mitstreiter Seligmann Ladenburg belegt, bei denen es um die Gründungsmodalitäten eines neuen Unternehmens ging. Geplant war ein großer Betrieb für die Herstellung sowohl der Roh- und Hilfsstoffe als auch der Vor- und Zwischenprodukte bis hin zu den fertigen Farben – alles aus einer Hand, würde man heute sagen. Aktien wurden vergeben und Posten verteilt. Engelhorn verpflichtete sich dazu, für zehn Jahre die Leitung des Geschäfts zu übernehmen, was er dann auch bis 1883 tat. Notariell beurkundet wurde der Kaufvertrag am 6. April 1865, der damit als offizielles Gründungsdatum der BASF gilt.

Die Anfänge

Das Unternehmen beschäftigte sich mit der Herstellung von Farbstoffen und anorganischen Chemikalien. Bereits 1861 hatte sich Engelhorn für die Herstellung des roten Farbstoffs Fuchsin und des aus Steinkohleteer gewonnenen Anilin interessiert und erkannte infolgedessen die großen Potentiale, die sich durch die BASF-Gründung auftaten. Doch die ersten Teerfarbstoffe enttäuschten. Die Naturfarbstoffe Krapp und Indigo beherrschten in dieser Zeit den weltweiten Markt. Im Laufe der Industrialisierung wuchs der Textilsektor unaufhaltsam und die Nachfrage an natürlichen Farbstoffen war kaum zu decken. Hier kam die chemische Forschung ins Spiel, die von dem Chemiker Heinrich Caro (1834-1910) angegangen wurde. 1868 wurde er als „Chef der Forschung“ im Unternehmen eingestellt und arbeitete vorerst noch in seinem Mannheimer Labor. Caro gelang in Zusammenarbeit mit Carl Graebe und Carl Liebermann die erste Synthese des roten Farbstoffs Alizarin, der in der Baumwollfärberei zum Einsatz kam und zum ersten weltweiten Erfolg der BASF wurde. 1873 fusionierte die BASF mit der Stuttgarter Firma Knosp, um richtig in den Weltmarkt einzutreten. Über Knosp wurden einige der BASF-Produkte bereits vertrieben, die Farbenhandlung war weltweit gut vernetzt. In der folgenden Zeit eröffneten Niederlassungen in New York (1873), in Butirki bei Moskau (1877) und Neuville-sur-Saône in Frankreich (1878).

Mit der synthetischen Herstellung des Farbstoffs Methylenblau wurde das erste Patent angemeldet, das nicht nur in der Textilindustrie sondern auch in der Medizin Verwendung fand: In der Tuberkuloseforschung konnten jetzt Bazillen durch die Farbe sichtbar gemacht werden. Und das Wachstum ging weiter. Im Katalog der Weltausstellung des Jahres 1900 findet sich über die BASF folgender Eintrag:

„Die Badische Anilin- & Sodafabrik ist unbestritten die größte chemische Fabrik der Welt. Sie beschäftigt in Ludwigshafen am Rhein 148 wissenschaftlich gebildete Chemiker, 75 Ingenieure und Techniker, 305 kaufmännische Beamte. Die Zahl der Arbeiter, welche im Gründungsjahr der Fabrik, 1865, 30 betrug, ist fortdauernd gestiegen, sie erreichte (…) am 1. Januar 1900: 6.207.“

Die Standortfrage

Wie bis heute oftmals betont wird, wollte Engelhorn die BASF eigentlich in Mannheim ansiedeln, was aber aufgrund der unklaren und tendenziell abweisenden Haltung der dortigen Stadtverwaltung scheiterte. Naheliegend war es für den Gründer und seine Mitstreiter deshalb, das gegenüberliegende Rheinufer des pfälzischen Ludwigshafen, das damals zum Königreich Bayern gehörte, ins Auge zu fassen. Der Rhein und die Lage Ludwigshafens spielte  bei den Überlegungen eine wichtige Rolle, denn der Fluss hatte eine überaus große Bedeutung als Rohstofflieferant und Abwasserleitung. Der Betrieb startete mit der überschaubaren Anzahl von 30 Mitarbeitern, die fünf Jahre später bereits auf 520 angestiegen war. Im Jahr 1880 beschäftigte die BASF schon 1534 Arbeiter. 1903 waren es 7257 und 1913 überstieg die Anzahl der Beschäftigten zum ersten Mal 10 000. Die Bedeutung der BASF wird auch an folgender Anekdote deutlich: Als 1882 in Ludwigshafen ein öffentliches Ortsfernsprechnetz installiert wurde, ging die BASF als Teilnehmer Nr. 1 und damit gleichzeitig als erster im gesamten Königreich Bayern ans Netz. Bereits 1885 richtete das Unternehmen eine eigene Fernsprechzentrale im Werk ein.

Der Hemshof

Ludwigshafen wuchs unaufhaltsam und zählte in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zu den am stärksten boomenden Städten Deutschlands. Durch den andauernden Zuzug von Menschen wurde die Stadt bald zu klein, was zu einer enormen Wohnungsknappheit führte, die erst ab 1870 in ersten Schritten angegangen wurde. 1872 setzte die Bebauung der Hemshof-Kolonie mit über 400 Wohnungen als Folge der BASF-Gründung ein. Doch der Menschenstrom riss nicht ab, damit wurde die Wohnungsnot zum anhaltenden sozialen Problem. Es herrschten teilweise verheerende soziale und hygienische Verhältnisse in den Arbeiterquartieren. Zahlreiche Spannungen und ein Anstieg der Kriminalitätsrate sind belegt. Andererseits lässt sich bereits in den Anfangsjahren der BASF der Ansatz einer betrieblichen Sozialpolitik feststellen. So gab es ab 1866 erste Werksärzte, um 1900 dann eine eigene Abteilung „Ambulanz“ auf dem Firmengelände. 1875 wurde schließlich eine Krankenunterstützungskasse eingerichtet.

Industrieller Impulsgeber der Region 

Die wirtschaftliche Bedeutung der BASF für die Pfalz konnte damals gar nicht überschätzt werden, sie ging weit über die unmittelbaren Grenzen des Standortes Ludwigshafen hinaus. Das Weltunternehmen hatte um 1900 endgültig die Rolle des industriellen Zugpferds unserer Region übernommen, von dem schnell eine große Anzahl von Zulieferern abhängig wurde. Die Pumpenfabrik Klein, Schanzlin & Becker in Frankenthal ist hier nur ein Beispiel aus der Zeit des Kaiserreichs. Ohne den Beitrag der „Aniliner“ wäre nicht allein die lokale, sondern die deutsche Industrialisierung insgesamt mit Sicherheit anders verlaufen. In die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts fielen dann während des Ersten Weltkriegs, des Dritten Reichs und Zweiten Weltkriegs die dunkelsten Kapitel der Firmengeschichte:  die Produktion von Giftgas und Munition sowie der Einsatz von Zwangsarbeitern. Nach einer allgemeinen Umbruchphase in den ersten Jahren der jungen Bundesrepublik, hatte es die BASF relativ schnell wieder geschafft, international verlorenes Terrain aufzuholen und erneut die Führung des Weltmarkts zu übernehmen. Ihre Funktion als ökonomischer Impuls- und zentraler pfälzischer Arbeitgeber ist heute aktueller denn je.

Janina Beuscher

Christian Decker


Literatur und Quellen:

  • Abelshauser, Werner (Hrsg.): Die BASF. Eine Unternehmensgeschichte, München 2002
  • Friedrich, Claudia: Emanzipation auf Widerruf, hrsg. vom Stadtarchiv Ludwigshafen,  Ludwigshafen am Rhein 2000
  • Jacob, Gustav: Friedrich Engelhorn, der Gründer der BASF, Mannheim 1959
  • Kube, Helga: Die Industrialisierung in Ludwigshafen am Rhein, Diss.  Mannheim 1962
  • BASF-Homepage, Unternehmensgeschichte – URL: https://www.basf.com/global/de/who-we-are/history.html – (Stand: 03.04.2020)

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