Frankenthaler Porzellan

Vor 250 Jahren: Frankenthaler Porzellanmanufaktur gegründet

Veröffentlicht am 10. Januar 2005
Porzellanfigur, auf einem Stein liegt ein niedergestrecktes Kind umsorgt von einer halbnackten Frau, im Hintergrund ein Eros der sich den Arm vors Gesicht hält.
Frankenthaler Porzellan

Am 26. Mai 1755 gründete der Porzellanfabrikant Paul Anton Hannong mit Genehmigung von Kurfürst Karl Theodor in Frankenthal eine „Fabrique durchsichtigen Porcellains“. In den 45 Jahren ihrer Produktion machten sich die dort gefertigten Werke aufgrund ihrer hohen Qualität einen Namen und wurden zum Ausdruck von Status und gutem Geschmack.

Bereits seit dem 15. Jahrhundert gab es zahlreiche Versuche, Porzellan herzustellen, was aber aufgrund des unbekannten Arkanums, also der genauen Zusammensetzung, immer wieder fehlschlug. China hütete das Geheimnis um den kostbaren Stoff, dessen Produktion dort schon ab dem 13. Jahrhundert etabliert war und so seine Verbreitung fand. Die Nachfrage nach Porzellan stieg in Europa unter anderem durch die Reiseberichte Marco Polos, der erstmals die chinesischen Pozellanarbeiten beschrieb.
Aufgrund der hohen Handelspreise kam das Vorhaben auf, Porzellan zu produzieren und die günstige Marktlage zu nutzen. Außerdem wurde Porzellan mittlerweile als begehrtes Sammlerobjekt gehandelt, da es ein gewisser Ausdruck von Luxus war. Wer etwas auf sich hielt, besaß eine Porzellansammlung. Dennoch wurde die Qualität des chinesischen Porzellans, das mit der Tee- und Kaffeekultur im 17. Jahrhundert eine erneute Steigerung im Ansehen erfuhr, lange Zeit nicht nachempfunden, da das Arkanum immer noch unerforscht war.

Erst durch einen Zufall kam die geheime Zusammensetzung ans Licht. 1709 gelang es Johann Friedrich Böttcher, der im Auftrag August des Starken arbeitete, das Geheimnis zu lüften und Hartporzellan herzustellen. In Dresden gründete der Kurfürst von Sachsen 1710 eine Porzellanmanufaktur, die ein Jahr später nach Meißen übersiedelte. Das Arkanum konnte allerdings nicht lange geheim bleiben. Ehemalige Mitarbeiter von Meißen streuten sich über das ganze deutschsprachige Gebiet und wurden in neu gegründeten Manufakturen tätig, beispielsweise in Wien, Höchst, Nymphenburg, Berlin und Straßburg.

Das Herstellungsverfahren konnte erst im Laufe der Zeit perfektioniert werden. Zu Beginn hatten die Manufakturen mit vielen Widrigkeiten wie Fehlbränden und ähnlichem zu kämpfen, bis die Technik endlich beherrscht wurde. Die Beliebtheit des Porzellans gründete auf der Tatsache, dass sich Gerüche und Geschmäcker der Speisen und Getränke am besten in den Porzellangefäßen entfalten konnten und somit besonderen Genuss versprachen. Es gehörte schnell zum guten Ton am Hofe und war Statussymbol, den Tisch mit Porzellan einzudecken. Wer Porzellan besaß, bekundete damit seinen guten Geschmack. Die Sammelleidenschaft fand nicht nur im Geschirr, sondern auch in Form von Vasen und figürlichen Darstellungen ihren Ausdruck. Das Porzellan-Kabinett am Hof gehörte zur Standartausstattung, eine Steigerung des Ansehens bedeutete eine Porzellan-Fabrik.

Porzellanfigur einer halbnackten Nymphe, sich ein Tuch um den Körper wickelnd an einen Pfeiler gelehnt.
Frankenthaler Porzellanfigur

1755 erhielt Paul Anton Hannong die Erlaubnis von Kurfürst Karl Theodor, in Frankenthal die Herstellung von Porzellan zu betreiben. Hannong hatte bereits seit 1751 eine Fabrik für Fayence in Straßburg besessen, wo er echtes Hartporzellan hergestellt hatte. Trotz seiner qualitätsvollen Arbeit hatte aber eine Manufaktur in Vincennes das Privileg der französischen Porzellanherstellung erhalten. Hannong blieb nichts anderes übrig, als sich nach einem neuen Standort umzusehen. Er fand ihn schließlich in der Kurpfalz.

Kurfürst Carl Theodor war bekannt für seine Vorliebe für die schönen Künste. So gab die kurpfälzische Regierung den „Extractus Concessionis für den Straßburger Porcellain-Fabricanten Hannong“ am 26. Mai 1755 bekannt. Carl Franz Paul Hannong, Hannongs ältester Sohn, sollte der Direktor werden. Der Modellmeister Johann Wilhelm Lanz kam von Straßburg mit einigen weiteren Arbeitern nach Frankenthal. So konnte die Produktion beginnen.

1757 starb Carl Franz Paul Hannong im Alter von gerade 25 Jahren. Die Leitung übernahm nun sein jüngerer Bruder Josef Adam. Unter seiner Führung erlebte die Manufaktur ihre künstlerische Blüte. Dies lag vor allem an der Mitarbeit renommierter Künstler wie Johann Friedrich Lück, der seit 1758 in Frankenthal tätig war. In den folgenden Jahren hatte die Manufaktur jedoch mit wirtschaftlichen Problemen zu kämpfen. Josef Adam Hannon versuchte die Preise zu senken, um die Konkurrenz zu unterbieten, was aber nur zur Verschuldung führte. 1760 starb der Firmengründer Paul Anton Hannong. Die daraufhin entbrannten Erbstreitigkeiten verschlechterten die finanzielle Lage zusätzlich.

1762 waren die finanziellen Probleme so gravierend, dass schließlich Kurfürst Karl Theodor die Manufaktur aufkaufte. Die Leitung übertrug er Adam Bergdoll, der zuvor als Direktor in der Manufaktur in Höchst tätig gewesen war. Unter seiner Führung blühte die Manufaktur wieder auf und erreichte ihren künstlerischen und technischen Höhepunkt. Die figürlichen Darstellungen und Geschirrmalereien zählen zu den bedeutendsten Porzellanarbeiten des 18. Jahrhunderts. Die Manufaktur stand aufgrund der hoch qualifizierten Künstler, die größtenteils bereits als Hofbildhauer gearbeitet hatten, stets auf hohem Niveau. Aushängeschild waren die figürlichen Darstellungen von Johann Friedrich und Karl Gottlieb Lück, Konrad Linck und Johann Peter Melchior, welcher seit 1779 in Frankenthal tätig war. Die dargestellten Motive und Themen spiegelten Allegorien, Landschaftsszenen, Alltagsszenen, aber auch mythologische Themen der Antike wider. Trotz der geringen Anzahl von Mitarbeitern und der beschränkten Platzverhältnisse in der ehemaligen Dragonerkaserne lieferten die Modelleure hochwertige Arbeit.

Mit einem Naturmotiv und 4 Schmetterlingen bemalter Porzellanteller.
Porzellanmanufaktur Frankenthal, Teller

1770 trat Simon Feylner als Inspektor an die Seite von Bergdoll. Davon versprach man sich eine Steigerung der Produktion. Als sich jedoch zeigte, dass Feylner bessere Leistungen als Bergdoll erbrachte, wurde Bergdoll 1775 nach einem erbitterten Konkurrenzkampf entlassen und Feylner als Direktor eingesetzt. Seine Verdienste für die Fabrik fanden Ausdruck in dem verbesserten Herstellungsverfahren und der erweiterten Farbpalette. Ebenso waren die technischen Voraussetzungen für das Porzellan sehr gut, denn das Arkanum in Frankenthal war von besonderer Qualität.

Mit dem Zeitalter der Französischen Revolution begann auch der Niedergang der Porzellanmanufaktur Frankenthal. Die Kriegsjahre trieben das wirtschaftlich angeschlagene Unternehmen endgültig in den Ruin. Materialmangel und fehlende Künstler führten dazu, dass die Manufaktur rote Zahlen schrieb. Trotz Feylners Werken blieben die wirtschaftlichen Erfolge aus. Während der französischen Besetzung wurde die Fabrik enteignet und am 4. Februar 1795 mitsamt den bevorrateten Waren und Rohstoffen an den Grünstadter Kaufmann Johann Nepomuk van Recum verkauft. Die Manufaktur wurde außerdem zum französischen Nationaleigentum erklärt. Nach Abzug der Franzosen im November 1795 musste van Recum die Manufaktur allerdings wieder an den Kurfürsten abgeben. Feylner wurde erneut Direktor und stellte sogleich wieder das kurfürstliche Porzellan her.

Im Dezember 1797 besetzten die Franzosen abermals das Gebiet der Kurpfalz, nachdem im Vertrag von Campo Formio im Oktober 1797 das linke Rheinufer an Frankreich gefallen war. Van Recum erhielt die Manufaktur daraufhin wieder zurück. Die Manufaktur konnte sich von ihren Misserfolgen jedoch nicht mehr erholen. Die wirtschaftliche Lage führte letztlich zum Bankrott. Fast auf den Tag genau 45 Jahre nach der Bekanntgabe des Privilegs löste Kurfürst Maximilian IV., der Nachfolger Karl Theodors, die Porzellanmanufaktur am 27. Mai 1800 auf. Van Recum ging daraufhin mit einigen seiner Mitarbeiter und Gerätschaften nach Grünstadt und errichtete dort eine Fabrik für Steingut.

Die Herstellung von Porzellan in Frankenthal hatte ihr Ende gefunden. In den insgesamt 45 Produktionsjahren hatten sich die Frankenthaler jedoch mit ihrem Porzellan einen Namen gemacht, es wurde lange als das kostbarste überhaupt gehandelt. Noch heute gelten die Arbeiten als besonders wertvolle Zeugnisse der Porzellankunst des 18. Jahrhunderts.

Barbara Schuttpelz


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